[img_assist|nid=188|title=|desc=|link=none|align=right|width=100|height=43]Am 6. Januar 2005 erklärt sich der multinationale Konzern Monsanto in den USA zur Zahlung von insgesamt
1,5 Million US-Dollar bereit. Der Konzern akzeptiert die Strafe für Bestechung in Indonesien und Fälschung von Geschäftsbüchern mit dem Ziel eine
Abschätzung von Umweltrisikien für die Bt-Baumwolle Bollgard zu umgehen.
2002 hatte ein Angestellter Monsantos in den USA über eine Beraterfirma in Indonesien einem leitenden Angestellten des indonesischen Umweltministeriums 50.000 US-Dollar in bar zukommen lassen. Damit sollte erreicht werden, dass eine Verordnung zurückgezogen oder zumindest geändert würde: eine Verordnung, die vor der Zulassung von Gentechnikpflanzen eine Umweltstudie verlangt. Insgesamt hat Monsanto zwischen 1997 und 2002 mindestens 140 MitarbeiterInnen verschiedener Ministerien und Behörden beziehungsweise deren Familienangehörige mit insgesamt 700.000 US-Dollar bestochen und in den USA Bücher gefälscht, um dies zu vertuschen.
Die Zahlung der 50.000 US-Dollar war vergebens, die Verordnung blieb bestehen, aber die Bestechungen der vorangegangenen fünf Jahre könnten deutlich erfolgreicher gewesen sein. Klar ist auf jeden Fall, dass die indonesischen Behörden dem Anbau der gentechnisch veränderten Bt-Baumwolle Bollgard wesentlich positiver gegenüberstanden als die indonesischen BäuerInnen.
Nachträgliche Legitimierung
Die Geschichte von Bollgard in Indonesien nimmt ihren Anfang im Jahre 1996: PT Mongario Kimai, ein Monsanto-Tochterunternehmen, beginnt, verschiedene Baumwollsorten vor allem für den Anbau in der Provinz Süd-Sulawesi zu testen. 1998 finden Feldversuche mit Bollgard statt, und bereits 1999 wird die Gentechniksorte als "sicher für die Umwelt” zugelassen. Berichten indonesischer NGOs zufolge (GRAIN 2001), wurde Bt-Saatgut jedoch bereits 1998 vertrieben. Im Februar 2001 erteilt das Landwirtschaftsministerium eine Anbaugenehmigung für sieben Distrikte in Süd-Sulawesi. Diese Pläne stoßen auf heftige Proteste von BäuerInnen und Umweltorganisationen. Selbst der Umweltminister droht, den Anbau mithilfe des Biosafety-Protokolls zu stoppen. Im März 2001, nur fünf Wochen nach der Veröffentlichung der Anbaugenehmigung, werden 40 Tonnen Bollgard-Saatgut unter militärischen Bewachung aus Südafrika importiert und verteilt.
Die Coalition for Biosafety and Foodsafety reicht im August 2001 im Namen von sechs NGOs und mit der Unterstützung von 72 weiteren Gruppen Klage gegen die Anbaugenehmigung ein. Sie sind der Ansicht, dass diese gegen das indonesiche Umweltgesetz verstoße, da keine Umweltprüfung der Bt-Baumwolle stattgefunden habe, und dass die Zulassung eine nachträgliche Legitimierung eines vorangegangen illegalen Saatgutvertriebs sei.
Während dieser ganzen Zeit besticht Monsanto mindestens 140 BehördenvertreterInnen und ihre Familienangehörigen.
Höhere Kosten, geringere Erträge
Kurz nachdem die NGOs im September 2001 die Klage verloren hatten, beschloss das Umweltministerium, dass für weitere Zulassungen von Gentechpflanzen eine vorangehende Umweltprüfung notwendig wäre. Die Proteste gingen nach dem erstmaligen Anbau weiter und wurden nun auch von BäuerInnen, die Bollgard angebaut hatten, getragen.
Anstatt der versprochenen zwei bis vier Tonnen Baumwolle lag der Ertrag je Hektar im Durchschnitt nur bei etwas mehr als einer Tonne. Ein Viertel der 4300 Hektar, auf denen Bt-Baumwolle gesät worden war, lieferte überhaupt keine Ernte. Selbst nach Angaben der indonesischen Behörden (FoE 2004) entsprach die Ernte bei 70 Prozent der Bt-Baumwollanbaugebiete nicht den Erwartungen. BäuerInnen konnten ihre Kredite an PT Monagro Kimai, Monsanto's Tochterfirma, die das Saatgut bereitgestellt hatte, nicht zurückzahlen. Schlimmer noch, 2002 wurden die Preise für das Saatgut erhöht, während die für Baumwolle gesenkt wurden. Die Bilanz von zwei Jahren Bt-Baumwollanbau in Indonesien: höhere Produktionskosten, geringere Erträge und geringere Preise für die Ernte.
Monsanto machte Fehler im Anbau für das Versagen der Gentechnikpflanzen verantwortlich. WissenschaflterInnen des indonesischen Nationalen Konsortiums für Wald und Natur (Konphakindo) dagegen sehen die Ursache in einer Kombination verschiedener Faktoren. Zum einen sollte die Gentech-Baumwolle gegen die falschen Schädlingen schützen. Bollgard wurde gentechnisch verändert, um resistent gegen Helicoverpa armigera (Baumwollkapselwurm, Cotton Bollworm) zu sein. In Sulawesi jedoch ist Empoasca sp. (Zikade, Leafhopper) der wichtigere Schädling. Das trockene Klima war nicht berücksichtigt worden und eine Dürre löste die massive Vermehrung eines dritten Schädlings aus, der jedoch nur die Bollgard-Felder und keines der konventionellen Felder befiel. Im Endeffekt sprühten die BäuerInnen auf Bt-Feldern mehr Pestizide, um Schädlingsbefall zu bekämpfen. Darüberhinaus wird vermutet, dass für die Vermarktung von Bt-Baumwolle mit statistischen Tricks gearbeitet wurde und so ein vollkommen falsches Bild von der zu erwartenden Ernte vermittelt wurde. Am Ende zogen es BäuerInnen vor, ihre Felder abzubrennen, anstatt mit Monsanto Geschäfte zu machen.
Falsche Versprechungen
Die Erfahrungen der indonesischen BäuerInnen decken sich mit denen aus Indien und Thailand. In Thailand wurde darum der Anbau von Bt-Baumwolle im Jahr 2000 verboten. Baumwollanbau beruht auf dem hohen Einsatz von Agrochemikalien. Er verbraucht zehn Prozent aller insgesamt in der Landwirtschaft eingesetzten Pestizide und fünfundzwanzig Prozent aller Insektizide, so dass es nicht verwunderlich ist, dass Bt-Baumwolle durch das Versprechen geringeren Pestizidverbrauchs, seit ihrer Einführung 1996 schnell von BäuerInnen angenommen wurde. Allerdings kommen selbst aus den USA, dem Heimatland von Bt-Baumwolle, Belege, dass der Ertrag von Bollgard-Sorten wechselhaft und enttäuschend ist. In einigen Regionen in den USA sind Saatgut- und Pestizidkosten für Bt-Baumwolle signifikant höher als bei konventioneller Baumwolle. Pestizide sind beim Anbau von Bt-Baumwolle auch weiterhin nötig, da die Pflanzen nur gegen Raupen, nicht aber gegen andere Insekten resistent sind.(1)
"Unregelmäßigkeiten"...
Die indonesische Anbaugenehmigung wurde jeweils für ein Jahr erteilt. Im Februar 2002 versuchte Monsanto erfolglos, sich von der Auflage der Umweltprüfung freizukaufen. Für 2003 fragte Monsanto keine neue Genehmigung an. Im Februar 2003 war Bollgard-Saatgut nicht mehr erhältlich und im Dezember 2003 hieß es offiziell, dass sich Monsanto aus dem Bt-Baumwollanbau in Indonesien zurückgezogen habe, da er sich wirtschaftlich nicht rentiere.
Die Frage bleibt offen, wie die Geschichte verlaufen wäre, wenn die Bestechung im Februar 2002 erfolgreich gewesen wäre.
Monsanto selbst wusste bereits 2001 von "Unregelmässigkeiten”, meldete dies aber erst im Herbst 2002 an die US-Behörden. Die letzte große Bestechung fand statt, als Monsanto selbst mit einer internen Untersuchung beschäftigt war.
Monsanto hat sich nun bereit erklärt 500.000 US-Dollar Strafe für die Bestechung und damit verbundenen Straftaten sowie eine Millionen US-Dollar an das US-Justizministerium zu bezahlen, seine internen Vorgänge zu verbessern, für drei Jahre einem unabhängigen Buchprüfer Zugang zu den Akten zu gewähren und bei der weiteren zivil- und strafrechtlichen Verfolgung mitzuarbeiten. Inzwischen haben auch die indonesischen Behörden angegeben, ermitteln zu wollen.
Getestet und sicher?
Korruption mag in vielen Ländern normale Praxis sein, aber hier liegt der Fall anders. Über Jahrzehnte hinweg betont Monsanto immer wieder, dass seine Gentechnikpflanzen getestet und sicher seien. Gleichzeitig jedoch bemühen sich MitarbeiterInnen des Konzerns, sich von der Durchführung von Umwelttests freizukaufen. Schlimmer noch, Monsanto versucht dies zu einem Zeitpunkt, als der Anbau bereits zeigt, dass die Unterschiede in den Umweltbedingungen zwischen Nordamerika und Südost-Asien so groß sind, dass die Pflanzen versagen.
Der Fall reicht über Indonesien hinaus. Wenn Monsanto-MitarbeiterInnen es nötig finden, in Indonesien über Jahre hinweg mindestens 140 Menschen zu bestechen, in einem Land, in dem der Konzern weniger als ein Prozent seines Jahresumsatzes erzielt , was kann dann in anderen Ländern erwartet werden, wo größere Umsätze auf dem Spiel stehen? In der Regel stammen alle Studien zu Sicherheitsuntersuchungen von Monsantos Gentechpflanzen von dem Konzern selbst. Die Bestechungsfälle machen auch diese Daten zweifelhaft.
Lassen sich die Ereignisse auch als Erfolg werten? Die Proteste der BäuerInnen und NGOs waren gerechtfertigt, und selbst mit massiver Bestechung gelang es Monsanto nicht, Bollgard auf dem indonesischen Markt zu etablieren. Der Anbau in Indien geht jedoch weiter, und derzeit versucht Monsanto, Anbaugenehemigungen in West-Afrika zu erhalten.